Rezension: Divinity Original Sin 2

 

Wie bewertet man ein Epos?

Ich habe mir mit der Rezension von Divinity Original Sin 2 (D:OS2) sehr schwer getan. Zum einen, weil es ein unfassbar großes und komplexes Spiel ist und zum anderen, weil es mich restlos begeistert hat und über Wochen hinweg 132 Stunden hinter den Monitor fesselte.

Aber ich wollte nicht schreiben: Mega!! Geil!!! Super genial!!!Kaufen…

Wie schaffe ich es, meine Begeisterung rational rüber zu bringen ohne zu vergessen, welche teilweise furchtbar nervigen schwächen das Spiel hat.

Gut ich denke, nach der Einleitung dieser Rezension ist eins klar. Deswegen kann ich es von gleich sagen: Das Spiel ist das Beste, was die letzten Jahre heraus gekommen ist und jeder, der auch nur ansatzweise einen Faible für gute Spielemechanik, guter Geschichte und eine unglaublich stimmige Welt hat, sollte zugreifen. Jeder Fan von CRPG findet hier zusätzlich noch die neue Referenz des Genre. Auf Wiedersehen Baldurs Gate 2 du bist nicht mehr der König der epischen RPG´s und Planescape Torment, hat zwar immer noch die beste Geschichte, die jemals in einem RPG erzählt wurde, muss sich aber in allen anderen Belangen D:OS2 unterordnen. Ich würde sagen was The Witcher 3 für das moderne 3D Rollenspiel ist, ist D:OS2 für seine klassische Variante (CRPG) die neue Referenz. Wahrscheinlich für die nächsten Jahre.

Um zu erklären, warum dies so ist, werde ich kurz auf die wichtigsten Aspekte des Spiels eingehen. Nicht zu lange, den ich weiß ja, umso länger der Text, umso weniger Leser. Wahrscheinlich, haben 75% aller, die diese Rezension angefangen haben, eh nicht mehr bis zu diesem Punkt gelesen… ;-)

Die Geschichte:

Divinity erzählt eine sehr erwachsene und düstere Geschichte. Die eigentlich sehr harmlos anfängt und immer dunkler wird. Es gibt zwei sehr überraschende Wendungen, die erst nach 80/90 Spielstunden auftreten und dafür habe ich dieses Spiel geliebt. Es nimmt sich die Zeit, eine Geschichte richtig aufzubauen und erst nach einer Spielzeit, nachdem 90% aller Spieler, das Spiel schon beiseitegelegt haben, die wichtigen Wendungen zu bringen. Welche großartige Belohnung, für alle, die solange spielen. Was ich auch überragend finde, ist die sehr enge Verzahnung der Geschichte von Haupt- und Nebenquests. Die sich teilweise bis in den letzten Akt zieht. Welche komplexen Geschichten, hier teilweise in den Nebenquests erzählt werden, haben viele Spiele nicht mal als Hauptquest. Ja ich meine auch dich: Baldur`s Gate 1…. Ein Beispiel ist der Kampf der Zwerge, der je nach Entscheidung des Spielers eine ganze Stadt einem furchtbaren Giftgas Anschlag zum Opfer fallen kann! Einer Stadt, in der man spielt.

Es ist nicht so, dass die Geschichte von D:OS2 großartig innovativ ist. Sie ist klassisch. Etwas Böses, bedroht die Welt. Aber, das Böse, welches die Welt bedroht, hat einen Grund und dieser Grund lässt sich rational nachvollziehen. Ich habe das Böse verstanden und hätte nicht anders gehandelt.

Die Spielwelt

Ich will es kurz machen. Seit Ultima VII für oder Gothic 2 habe ich keine Welt mehr erlebt, die mit solcher liebe zum Detail gebaut wurde. Es lässt sich überall etwas entdecken, alles lässt sich benutzen. Ein Beispiel, kombiniert man Mehl mit Wasser, Tomaten, und Käse mit einem Ofen, erhält man Pizza. Ist dieser Aufwand wirklich nötig? Sicherlich nicht, aber es zeigt, mit welcher Liebe für das aller kleinste Detail die Entwickler von Larian an ihre Welt gegangen sind. Und! Das spürt man an jeder Ecke. Eine solch lebendige Welt, sucht man in der aktuellen Spielelandschaft vergebens. Ausnahme ist natürlich The Witcher 3….

Die Quets

Viele, sehr viele Spiele versprechen, dass sich Quest auf viele Wege lösen lassen. Je nachdem wie dein Spielstil ist. Kein Spiel hält dies so konsequent ein, wie D:OS2. Du kannst die ganze Spielewelt ausrotten und könntest Divinity trotzdem durchspielen. Schleichen, zaubern, kämpfen, reden und kreative Lösungen alles möglich…ich habe alleine 4 oder 5 unterschiedliche Wege entdeckt aus Fort Joy zu fliehen….

Und manchmal hast du eine völlig absurde Idee, wie sich die Quest lösen lässt und es funktioniert. Wie zum Beispiel: Killerhunde mit einem roten Ball abzulenken, den du Stunden vorher gefunden hast. Alternativ könntest natürlich gegen die Hunde kämpfen was ein unfassbar harter Kampf zu diesem Zeitpunkt ist. Oder du schleichst an ihnen vorbei, vergast sie oder teleportierst dich… Freiheit wird groß geschrieben und deine Entscheidungen haben Konsequenzen. Ich war im letzten Drittel des Spiels sagen wir mal, moralisch pragmatisch. Nach dem Motto, der Zweck heiligt die Mittel. Ich musste am Ende des Spiels, schon ein wenig schlucken, als ich die Konsequenzen für diesen Pragmatismus tragen musste. Nicht, weil es mir dadurch schlecht ergangen ist, sondern anderen….

Die Spielemechanik

Hier ist D:OS2 ein wahres Brett. Sei es die völlig freie Entwicklung deiner Charaktere oder sei es das Kampfsystem, welches hunderte von Möglichkeiten zum kombinieren lässt. Es geht einfach Hand in Hand. Mit dem einen Zauber, betäubst du deinen Gegner und überschüttest ihn mit Öl, mit dem anderen steckst du ihn in Brand. Brennst du selbst, lässt du es regnen, willst du nicht, dass dein Gegner das Feuer löschen kann, verfluchst du es. Soll Feuer heilen, segne es. Du kannst deine Feinde vereisen, in Hühner verwandeln, niederschlagen, verkrüppeln, mit Blitzen rösten, idealerweise, wenn er vorher durch Blutregen eingenässt wurde, zum Überlaufen bringen, anzünden, vergiften, ♥♥♥♥♥♥♥♥
, verbrennen in Stücke hacken von den Toten auferstehen lassen. Du kannst die Erde zum Beben bringen, Drachen beschwören und alles miteinander kombinieren. Du musst nur je nach Fähigkeit, seinen physische oder magische Resistenz überwinden. Das Problem ist, dein Feind kann dies mit dir auch. Was ich sagen will, die Mechanik in diesem Spiel ist die mit Abstand beste, die mir seit Jahren untergekommen ist. Unglaublich innovativ und einfach spaßig.

Oft hatte ich Situationen, die ich so absurd gelöst habe, dass ich mich gefragt habe, wissen die Entwickler, dass dies geht? Ist es okay, so eine bedrohliche Situation so simpel aber effizient zu lösen? Gegen Ende, hatte ich einen Kampf, den ich nicht lösen konnte. Bis ich auf die Idee gekommen bin mir ein Fass Todesnebel zu stehlen und dies dem Gegner an den Kopf zu werfen. Ergebnis, der Gegner starb sofort und ich habe trotzdem die vollen XP erhalten. Alleine, welche absurde Möglichkeiten, einem die Teleportationspyramiden bieten…. Dir geht im Kampf die Quellenmagie aus? Kein Problem…. Nutz die Pyramide nur richtig… ;)

Das Balancing

Ich will darüber nicht viele Worte verlieren. Jeder der auf Klassisch spielt, welcher in D:OS2 der normale Schwierigkeitsgrad ist, sollte wissen, das D:OS2 teilweise richtig fies schwer ist. Von meinen 131 Stunden im Spiel, sind gute 30 stunden Reloads zu verdanken. Sprich Kampf verloren, Reload….

Trotzdem, würde ich jedem empfehlen, diesen Schwierigkeitsgrad zu nehmen. Denn nur dort entfaltet sich die unfassbar gute Spielemechanik richtig. Ein Tipp, jeder Kampf ist machbar aber jeder Kampf hat seine Zeit. Wenn du einen Kampf absolut nicht schaffst, komm später wieder und nutze die Mechanik des Spiels konsequent für dich aus. Der Gegner tut es auch. Ja, es gab drei/vier Kämpfe, die empfand ich als absurd schwer, so schwer, dass ich das Spiel am liebsten in die Ecke geworfen hätte oder die Schwierigkeit nach unten reguliert. Unter anderem der Endkampf. Er hat mich acht Versuche und 2,5 Stunden gekostet, bis ich ihn geschafft habe. Aber!! jeder Kampf ist mit der richtigen Taktik machbar. Manchmal muss man halt für einen Kampf umstellen. Was jederzeit möglich ist. Es ist wie bei Dark Souls, manche Kämpfe, kannst du beim ersten Mal nicht wirklich gewinnen. Schau dir deine Umgebung an, die Taktik und Bewegung deiner Gegner, ziehe deine Schlüsse daraus und dann schaffst du das.

Viel Spaß in einer wunderbaren Welt wünsche ich Dir!


Kommentare